Grenzänderung Uster-Greifensee

 

Aus dem Gemeinderatsbericht vom 8. Juli

Bei der Initiative “Zusammenführen, was zusammengehört – Grenzänderung Uster – Greifensee” erhitzen sich die Gemüter. Die Problematik liegt darin, dass die Sek Uster nicht das ganze Gemeindegebiet umfasst. Werrikon und Nänikon haben eine gemeinsame Sekundarschule mit der Gemeinde Greifensee. Aufgrund des Gemeindegesetzes, welches seit ein paar Jahren in Kraft ist, müssten die Gemeindegrenzen übereinstimmen. Das Initiativ-Komitee möchte nun, dass der Stadtrat zusammen mit dem Gemeinderat Greifensee einen Anschlussvertrag von Nänikon & Werrikon mit Greifensee ausarbeitet. Dieser soll dann dem Stimmvolk von Uster und Greifensee vorgelegt werden. Erst bei einem zweiten Volks-JA würde der Anschluss vollzogen. Die neuste Entwicklung nimmt der Volksinitiative den Wind etwas aus den Segeln. Vor einigem Wochen haben die beiden Schulpflegen (Sek Uster und Sek Nänikon-Greifensee) eine Medienmitteilung veröffentlicht. Darin wird ausgeführt, dass die Schulpflegen nach einem Weg suchen, das Problem der Grenzbereinigung zu lösen. Möglich sind offenbar zwei Varianten. Wenn denn eine Variante ausgesucht ist, kann diese relativ schnell umgesetzt werden. Viel länger würde das Anliegen des Initiativkomitees dauern. Eine Lösung, welche dem Gemeindegesetz endlich gerecht wird, wird also vermutlich in den nächsten paar Jahren umgesetzt. Damit würden der Volksinitiative die Zähne gezogen. Der Gemeinderat lehnt die Volksinitiative mit 8 : 22 Stimmen ab.

Worum geht es bei der Abstimmung?

Wichtig: Bei der Abstimmung vom 22. November 2024 geht es darum, ob der Stadtrat einen Anschlussvertrag ausarbeiten soll. Falls das Volk JA sagt, wird es nach der Ausarbeitung eines Vertrags nochmals eine Volksabstimmung geben. Wenn das Volk aber im Herbst 2024 NEIN sagt, wäre die Volksinitiative erledigt.

Ein Blick in die Geschichte

Ich vermute, der Auslöser der heutigen Diskussion ist der oben genannt Konflikt (die Sekundarschulgemeinden Uster und die Sekundarschulgemeinde Nänikon-Greifensee sind nicht deckungsgleich mit den Grenzen der politischen Gemeinden). Ohne diesen Konflikt gäbe es das „Komitee pro 8606“ und auch die Volksinitiative nicht, auch wenn das Komitee beteuert, dass es anders ist und das Anliegen mit dem soziokulturellen Raum und vorwiegend emotionalen Anliegen begründet wird. Bereits im Dezember 2008 haben vier Mitglieder des Gemeinderates (Werner Hürlimann, SVP; Marianne Siegrist, FDP; Balz Thalmann, SP; Walter Meier, EVP) eine Motion „Einheitsgemeinde für Uster“ eingereicht, welche die Grenzbereinigung der Sekundarschulgemeinden zum Ziel hatte. Auf dem Ratsausflug im September 2008 hat mich der damalige Stadtpräsident, Martin Bornhauser, ermuntert, eine solche Motion einzureichen. Aufgrund des Widerstandes der Gemeinde Greifensee und der Oberstufenschule Nänikon-Greifensee konnte die Motion damals nicht umgesetzt werden. Die Situation wurde durch das Inkrafttreten des neuen Gemeindegesetzes (der Kantonsrat hat das Gesetz im April 2015 verabschiedet, der Regierungsrat hat es auf den 1. Januar 2018 in Kraft gesetzt) verschärft. Allerdings vertrat der Vorgänger des heutigen Präsidenten der Oberstufenschule Nänikon-Greifensee die Meinung, dass der Regierungsrat die unbereinigte Grenze dulden werde und es deshalb keine Lösung dafür brauche.

Es gab aber in der Vergangenheit schon mehrmals kleinere Auseinandersetzung betreffend der Zugehörigkeit von Nänikon zu Uster. In Wikipedia ist zu lesen: „Nänikon war bis 1927 eine eigenständige, politische Gemeinde und wurde im gleichen Jahr in die Stadt Uster integriert.“ Diese Aussage ist nicht ganz richtig. Nänikon war bis 1927 eine sogenannte „Zivilgemeinde“, welche gewisse öffentliche Aufgaben zu erbringen hatte. Nänikon gehört aber schon mindestens 200 Jahre zur politischen Gemeinde Uster. Wie die anderen Aussenwachten von Uster (also: Riedikon, Sulzbach, Wermatswil, Freudwil) hatte Nänikon und Werrikon lange Zeit einen Vertreter in der Exekutive resp. der Legislative. Selbst als 1927 die Zivilgemeinden (zumindest in Uster) aufgehoben wurden und der neue Grosse Gemeinderat (heute: Gemeinderat = Parlament) gewählt wurde, wurde jeder Aussenwacht mindestens 1 Sitz (bei entsprechender Bevölkerung auch mehr) zugesprochen. Auch wenn dieser Passus nicht mehr in der Gemeindeordnung steht, sind doch immer Vertreter aus Nänikon im Gemeinderat, oft auch im Stadtrat. Nänikon hat in den letzten 20 Jahren sogar den Stadtpräsident und die Primarschulpräsidentin gestellt.

Allerdings ging offenbar die „Eingemeindung“ (Aufhebung der Zivilgemeinden) nicht ganz ruhig über die Bühne. Es gab damals Stimmen, welche Nänikon damals gerne verselbständigt hätten. Noch etwas drastischer wird die Situation um 1820 beschrieben. Damals ging es darum, in Uster eine neue Kirche zu bauen. Die reformierte Kirche feiert ja in diesem Jahr das 200-Jahr-Jubiläum. Damals gab es ebenfalls Stimmen in Nänikon, eine gewisse Eigenständigkeit wollten und eine eigene Kapelle forderten, andere wollten sich der Kirchgemeinde Greifensee anschliessen, was diese aber ablehnte. Die eigene Kapelle kam dann vermutlich aus finanziellen Gründen nicht zustande.

Es ist eine Tatsache, dass Nänikon und Werrikon näher bei Greifensee liegen und es verschiedene Gemeinsamkeiten gibt. Der Gewerbeverein Greifensee-Nänikon umfasst beide Orte.

Ein paar Argumente

  • Das politische Uster hat den letzten 100 Jahren, d.h. seit der Aufhebung der Zivilgemeinden immer auch für die Aussenwachten gedacht. Etliche – vorher in Uster – ansässige Firmen, haben ins Industriegebiet von Nänikon gezügelt, z.B. Lenzlinger AG, Hug Baustoffe AG (früher: Hug + Graf), Spaeter AG (früher: Stierli + Kobelt) weil dieser Boden zu Uster gehört.
  • Die Näniker profitieren von vielem, was in Uster läuft resp. hier geboten wird; z.B. im Bereich der Primarschule.
  • Gemeindegrösse: Heute übernimmt die Stadt Uster ein paar Aufgaben, welche die Gemeinde Greifensee nicht selber erbringen kann oder will. Vielleicht wäre die Situation mit Nänikon und Werrikon besser. (Heute hat Greifensee ca. 5400 Einwohner, Nänikon 2600; zusammen also ca. 8000). Vermutlich ist aber auch dies noch eine Grösse, welche es nicht erlaubt, alles selber zu machen.
  • Zu den Finanzen: Neben Kosten von geschätzen mehr als 1 Mio. für ein solches Projekt, dürften auf die Ustermer eine Steuerfusserhöhung von 3 % zukommen.

Abstimmungsempfehlung

Der Vorstand der EVP ist der Meinung, dass Nänikon und Werrikon zu Uster gehören und es keinen Vertragsentwurf braucht für einen Anschluss an Greifensee. In die Urne gehört deshalb ein NEIN.

 

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